fbpx
Blog

Hausgeburt webMeine erste Enkelin Suna ist vor fünf Monaten auf die Welt gekommen. Da ich den glücklichen Verlauf von Schwangerschaft und Geburt recht nah miterleben konnte, ist mir auch dieses Thema und das Anliegen wieder sehr lebendig geworden: die selbstbestimmte und sanfte Hausgeburt.

Jede Frau hat die natürliche Veranlagung und Fähigkeit, ein Lebewesen in ihrem Körper heranwachsen zu lassen und es auch selbständig zu gebären. Die Geburt eines neuen Lebewesens ist ein unglaublich schöpferischer, kreativer und machtvoller Prozess, den die gebärende Frau selbst gestalten kann. Wir wissen heute, dass das neue kleine Lebewesen bereits im Mutterleib durch die Gefühle, Stimmungen und Verhalten von Mutter und Vater in seinem Wesen geprägt wird. Und wir wissen auch, dass die Art der Geburt nicht unerheblich ist für das Ankommen, Wohlbefinden und auch für die Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes ist. 

 

Der natürliche selbstbestimmte Impuls ins Leben

Wenn sich das Baby gesund im Mutterleib entwickelt, hat es, wenn die Zeit reif ist, den Impuls, das warme Nest der Gebärmutter zu verlassen und drängt nach draußen. Mit diesem willentlichen Impuls löst das Baby die Wehen aus. Es ist ein ganz natürlicher Prozess, indem das Baby bestimmt, wann es herauskommen will. Geht die Mutter darauf ein und vertraut ihrem Körper, so wird sie ganz selbstverständlich den Wehen nachgehen. Sie steigt in den Geburtsprozess ein, indem sie Wehe für Wehe oder Welle für Welle reitet und mit Hilfe von Entspannung und Atem das Baby dabei unterstützt durch den Geburtskanal ins Leben zu treten. Gewährt die Frau ihrem Baby diesen Geburtsprozess ohne eingreifen zu lassen, kommt das Baby selbstbestimmt auf die Welt. Bereits die erste Handlung des noch nicht Geborenen ist selbstbestimmt, wenn die Mutter es zulässt.

 

Die Fremdbestimmung der Geburt durch Ärzte

Doch für die meisten Babys als auch für die Mütter ist die Geburt ein Geschehen, dass durch Ärzte fremdbestimmt wird.
Die Ursache dafür liegt meiner Meinung nach u.a. darin, dass für nicht wenige Frauen das Leben ihres Kindes erst nach der Geburt beginnt. Die Geburt muss dafür irgendwie über die Bühne gebracht werden. Sicher soll sie sein, die Geburt, sodass das Neugeborene körperlich gesund auf die Welt kommt – das WIE ist dabei zweitrangig. Sie ignorieren die Tatsache, dass die Geburt ganz entscheidend die Persönlichkeit des Neugeborenen prägt. Bereits während des Geburtsprozesses bildet sich das Neugeborene die ersten Überzeugungen über das Leben und sich selbst, die es nie mehr vergessen wird. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Glaubenssätze durch sein Leben und werden dieses unbewusst prägen. Die meisten werdenden Mütter setzen sich damit nicht auseinander; ist ja auch nicht Bestandteil der Geburtsvorbereitung. Sie denken nicht weiter über die Geburt nach und vertrauen auf die Sicherheit der Schulmedizinischen Ärzte. So delegieren in diesem Land noch immer die überwiegende Mehrheit der Schwangeren ihre Verantwortung an die Frauen und Männer im weißen Kittel – denn die wissen ja schon was sie tun – so denken sie.

 

Die Fremdbestimmung durch die Politik

So kommen in Deutschland nur 0,6 Prozent der Neugeborenen in den eigenen vier Wänden zur Welt; das sind von 100 Babys nur 1-2. Im Vergleich dazu werden in der Hausgeburten-Hochburg Niederlande ca. 30% der Babys zu Hause geboren.

Und das ist kein Zufall - sondern Politik. Die Neugeborenen sollen unter dem Deckmantel der Sicherheit in den vom Staat kontrollierten Krankenhäusern geboren werden. Und eben nicht selbstbestimmt zur Welt kommen. So gab es 2006 einen drastischen Einbruch in der Zahl der Hausgeburten. Als die Versicherungsbeiträge für Hausgeburtshebammen drastisch erhöht worden waren, mussten viele Hebammen ihr Angebot der Hausgeburtsbetreuung aus finanziellen Gründen streichen. In vielen Regionen gab es jahrelang gar keine Hausgeburtshebammen mehr und in den Großstädten waren die wenigen Hausgeburtshebammen ausgebucht.

 

Die Angst bestimmt die Geburt

Dass die Deutschen lieber in Krankenhäusern entbinden hat zum einen auch damit zu tun, dass hierzulande ein großes Sicherheitsbedürfnis verbreitet ist. Das Vertrauen in moderne Medizin, Ärzte, OP-Säle und Neugeborenenstationen ist bei vielen Frauen größer, als das Vertrauen in den eigenen Körper und in zwei Hebammen, die während einer Hausgeburt anwesend sind. Meiner Erfahrung nach mangelt es vor allem an der guten Beziehung und das Vertrauen in den eigenen Körper. Für eine Hausgeburt braucht die Frau unbedingtes Vertrauen in ihren eigenen Körper und muss ihn gut kennen, seine Zeichen und Impulse verstehen und ihnen nachgehen. Außerdem braucht Frau eine klare Vision und Entscheidung. Die Entscheidung, das Baby natürlich und spontan zu gebären und die Vorstellung WIE genau und WO es geboren werden soll. Nach Möglichkeit sollte sie diese Vision mit dem Vater ihres Babys teilen, und die beiden GEMEINSAM die Verantwortung für das Gelingen der Geburt ihres Kindes übernehmen. Denn für eine Hausgeburt gibt es viel Gegenwind. "Hast du denn keine Angst? Da kann ja so viel passieren!”, bekommen die Schwangeren im Freundeskreis und von der Verwandtschaft oft zu hören. Und auch die Frauenärzte sind selten Fans von Hausgeburten und verunsichern Schwangere, indem sie die möglichen Risiken heraufbeschwören und die Schwangerschaft nicht wie die natürlichste Sache der Welt betrachten sondern eher wie eine Krankheit. Sie verunsichern die Frauen eher in ihrer natürlichen Fähigkeit zu gebären als dass sie sie stärken.

So braucht die schwangere Frau eine klare Vision davon, wie und wo der Geburtsprozess stattfinden soll, sie muss genau wissen, was sie will, denn sie muss es gegenüber ihrer Umwelt meistens verteidigen. Denn: Hausgeburten haben einen schlechten Ruf und stehen immer wieder vor dem Aus. Es droht ihnen das gesetzliche Verbot. Das ist in vielen Ländern auf der Welt der Fall. Nicht nur in Tschechien, sondern auch Australien oder in vielen US-Bundesstaaten sowie in Brasilien sind Hausgeburten zwar nicht illegal, aber nicht erwünscht und dadurch kaum zu organisieren. Denn wie auch der Europäische Gerichtshof urteilte: Hausgeburten sind kein Grundrecht.

 

Risiko Krankenhaus

Doch die Geburt ins Krankenhaus zu verlegen ist nicht ohne Risiko. Denn fast ein Drittel aller Entbindungen im Krankenhaus sind in vergangenen Jahren in Deutschland per Kaiserschnitt vorgenommen worden. Der Hauptgrund, warum es heute so viel mehr Kaiserschnitte als früher gibt, ist die Angst. Viele Mütter haben Angst vor den Schmerzen und vor Komplikationen, denn so wird die Geburt meistens von Medien und Frauenärzten dargestellt. Aber auch viele Ärzte fürchten eine natürliche Geburt. "Wenn Kind und Mutter nicht gesund aus einer Geburt herauskommen, dann hat das fast immer rechtliche Folgen", sagt Frank Reister, Leiter der Sektion Geburtshilfe am Universitätsklinikum Ulm. Inzwischen ist fast jede dritte Entbindung in Deutschlands Krankenhäusern ein Kaiserschnitt, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Doch nach einem Kaiserschnitt steigt das gesundheitliche Risiko der Frau, wenn sie ihr nächstes Kind natürlich zur Welt bringen möchte. In seltenen Fällen kann die Gebärmutternaht reißen, oder die Plazenta in die Naht einwachsen.

Kaiserschnitt-Kinder haben mehr Gesundheitsprobleme als Kinder, die auf natürlichem Weg zur Welt gekommen sind. Das zeigt der Kindergesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK). Demnach ist für Kaiserschnitt-Kinder das Risiko für eine chronische Bronchitis in den ersten acht Lebensjahren fast zehn Prozent erhöht. Das Risiko für leichte und mittlere Entwicklungsstörungen ist um neun Prozent erhöht, das Risiko für ADHS um 16 Prozent.

Die Forscherin Mette Christophersen Tollånes sieht zwei mögliche Erklärungen für diesen Zusammenhang: Im Gegensatz zu der vaginalen Geburt ist der Kaiserschnitt im Operationssaal steril. Das Kind kommt kaum mit den Bakterien der Mutter in Kontakt. So könnte es sein, dass das Immunsystem des Kindes nicht genügend stimuliert werde. Ein weiterer Grund könnte sein, dass im engen Geburtskanal die Flüssigkeit aus der Lunge des Kindes gepresst wird, was die spätere Lungenfunktion verbessere. Auch bei anderen Krankheiten wird eine Verknüpfung mit der Kaiserschnittgeburt vermutet, so etwa bei Lebensmittelunverträglichkeiten und Diabetes Typ 1.

"Das Kind weiß am besten, wann es bereit ist, auf die Welt zu kommen“, sagt Reister. Denn im Mutterleib sei die Entwicklung nicht immer pünktlich mit der 40. Schwangerschaftswoche und dem geplanten Geburtstermin abgeschlossen. Das könne einige Tage früher oder später der Fall sein. Beim Kaiserschnitt wird das Kind aus dem Leib der Mutter entnommen. Es verpasst wichtige Umschulungsprozesse, die während des Geburtsvorgangs passieren. Die Wehen bereiten den Fötus auf ein Leben außerhalb des Mutterleibs vor. Sie signalisieren dem Kind, dass es bald selbst atmen, essen und Giftstoffe ausscheiden muss. Schweizer Forscher kritisieren, dass die Kaiserschnittraten weltweit sprunghaft ansteigen und die dabei auftretenden Komplikationen nicht beachtet oder verharmlost werden. Eine groß angelegte Untersuchung gibt ihnen Recht: Ein geplanter Kaiserschnitt verdoppelt das Sterberisiko für den Säugling.

 

Die natürliche spontane Geburt

 

IMG 20190722 141559Die natürliche und selbstbestimmte Geburt verläuft in der Regel komplikationsloser als die Geburt im Krankenhaus. Das legt jetzt eine große Studie aus den Niederlanden nahe, wo die Hebammenwissenschaftlerin Ank de Jonge von der Universität Amsterdam mehr als 140.000 Geburten untersucht hat (British Medical Journal, online).

In ihre Studie nahm de Jonge ausschließlich Gebärende auf, bei denen nur ein geringes Risiko für Komplikationen bei der Geburt zu erwarten war. Dann untersuchte Ank de Jonge, wie es den beiden Gruppen von Frauen erging, die noch während der Schwangerschaft entschieden hatten, ob sie ihr Kind lieber zu Hause oder in der Klinik zur Welt bringen wollten. Tatsächlich verliefen die Geburten zu Hause im Durchschnitt besser; bei ihnen ergaben sich weniger schwerwiegende Komplikationen. So kam es bei den Frauen mit geplanter Hausgeburt seltener zu Verlusten von mehr als einem Liter Blut; es gab seltener Gebärmutter-Rupturen, auch musste die Plazenta nicht so häufig manuell hervorgeholt werden. Vor allem Frauen, die bereits Mutter waren, erging es bei der Hausgeburt besser als im Krankenhaus.

 

Interventionskaskade

Das überraschende Ergebnis erklärt de Jonge wie folgt: Im Krankenhaus würden allzu schnell medizinische Eingriffe vorgenommen, sagt sie. Schwangere mit Wehen gehen aus Unsicherheit oft zu früh in die Klinik. Aus Sorge, dass etwas passieren könnte, behält das Personal die Frauen dann da. Und weil der Zeitdruck und die Angst vor Komplikationen im Krankenhaus meist groß ist, wird bald ein Wehentropf angelegt, damit die Geburt vorangeht. Das wiederum erhöht das Risiko für weitere Eingriffe etwa mit der Saugglocke oder einem Kaiserschnitt. Zwar ist die Rate an Eingriffen in der Klinik auch deshalb erhöht, weil alle Frauen, bei denen eine komplizierte Geburt abzusehen ist, nicht zu Hause entbinden. Doch das ist nicht die ganze Erklärung.

Die QUAG (Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) verweist darauf, dass eine Geburt keine Krankheit, wohl aber ein sehr intimer und ursprünglicher Prozess sei. Eine möglichst ungestörte Geburt mit einer kontinuierlichen Betreuung, bei der die Gebärende die Hebamme fast ununterbrochen an ihrer Seite habe, sei in einem Kreißsaal leider allzu oft nicht mehr möglich. Studien belegen, dass ungestörte Geburten zu weniger Problemen und Komplikationen führen. Zu Hause fühlen sich die meisten Frauen doch am wohlsten und können dort eher entspannen und “loslassen”. Hebammen beobachten, dass Frauen während einer Hausgeburt seltener Schmerzmittel verlangen und auch Dammrisse und Dammschnitte seltener vorkommen. Generell berichten viele, dass die Geburtsdauer zu Hause im Schnitt kürzer ist, als in einer Klinik und auch die Einflussnahme durch Saugglocke und Zange ist geringer.

 

Hausgeburten sind sicher

Was viele Frauen auf der ganzen Welt intuitiv wissen, wurde in einer groß angelegten Studie in den Niederlanden statistisch bewiesen. Von allen westlichen Ländern, gebären dort die meisten Frauen zu Hause. Im Gegensatz zu einer geplanten Geburt im Hightech Gebärsaal, birgt eine Hausgeburt keine erhöhten Gefahren für Komplikationen, im Gegenteil, sie ist sogar sicherer. Oftmals wird den Frauen bereits nach dem positiven Schwangerschaftstest Angst vor schweren Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt gemacht. Man versucht Müttern einzureden, ein Baby zu kriegen, sei etwas Gefährliches und man müsse dies unter allen Umständen kontrollieren, um im Notfall möglichst rasch eingreifen zu können. Es wird davor gewarnt, eine Hausgeburt sei unverantwortlich und was wäre, wenn eine medizinische Maßnahme notwendig werden würde?!
Doch hier stellt sich die Frage, ob denn eine medizinische Maßnahme, wenn sie prophylaktisch aus Angst vor den Folgen die eintreten könnten, wirklich sicherer ist?

Damit eine Frau eine harmonische Geburt erleben kann, braucht sie in erster Linie ein Gefühl der Sicherheit. Die eigenen vier Wände bieten sich dazu optimal an. Sie wurden in der Schwangerschaft extra für den neuen Erdenbürger liebevoll dekoriert und man hat dort schon vieles erlebt. Vielleicht wurde ein extra Zimmer hergerichtet mit sanfter Musik, dezentem Duft, Kerzenlicht und Kraftgegenständen, um das Ankommen so sanft und geborgen wie möglich zu gestalten. Eine Geburt kann auch draußen in der Natur, beispielsweise im nahe gelegenen Wald, im eigenen Garten oder natürlich im Wasser stattfinden. Wie die werdende Mutter schließlich ihr Baby zur Welt bringt, kann sie ganz alleine entscheiden und es steht ihr frei, jede Geburtsposition einzunehmen die sie wünscht. In dieser ruhigen und entspannten Atmosphäre kann sich die Frau ganz dem Geburtsprozess hingeben und öffnen. Fühlt sie sich sicher, werden die körpereigenen Hormone wie Oxytocin1 und Endorphin2 ausgeschüttet und die Geburt kann ihren natürlichen Lauf nehmen.

 

Klinikatmosphäre

Im Gegensatz dazu herrscht in einer Klinik oftmals Hektik und die Stimmung und der Zeitdruck des Personals schlagen auf die Mutter über. Hebammen im Schichtwechsel, welche sich um mehrere Frauen gleichzeitig kümmern müssen, ein Arzt der mal kurz reinschaut ob auch alles „nach Plan“ läuft und im Zeitrahmen ist, piepsende Maschinen die immer wieder zur Kontrolle und Absicherung der Klinik an die Mutter gehängt werden und die Routineuntersuchungen, welche in regelmäßigen Abständen gemacht werden.

Das sieht auch Reinhold Knitza so, Frauenarzt in Gräfelfing und außerplanmäßiger Professor an der Universität München. Ursache für die ständig steigende Kaiserschnittrate sei vielmehr "der Faktor Ökonomie", so Knitza. "Und das oft zum Nachteil der werdenden Mütter." Arzt und Krankenhaus erhalten bei einem Kaiserschnitt binnen 20 bis 30 Minuten erheblich mehr Geld als bei einer natürlichen Geburt, "die sich im Normalfall über viele Stunden erstreckt - natürlich auch am Wochenende und nachts", wie Knitza sagt.

 

Unheilvolle Allianz

Er fordert daher, die Vergütung zu ändern, damit Ärzte nicht zu dem zeitsparenden, für sie sichereren und vor allem gut in die Tagschicht passenden Verfahren verführt werden. Heribert Kentenich spricht gar von "Raubrittertum" in manchen Privatkliniken, in denen die Kaiserschnittrate längst bei 50 oder mehr Prozent liege.

Der finanzielle Druck wächst. Zahlreiche kleine Krankenhäuser und geburtshilfliche Abteilungen schließen, und bei den anderen rückt das wirtschaftliche Denken zunehmend in den Vordergrund. Ökonomische Strategien beschäftigen sich mit Marketing, Erlösoptimierung und Einsparmaßnahmen. Da passt der Anstieg der Kaiserschnitt-Geburten ins Bild: Schließlich ist es eine Tatsache, dass ein Kaiserschnitt von den Krankenkassen deutlich besser honoriert wird. Das führt dazu, dass die meist zeitintensivere Spontangeburt langsam an Wert verliert.

Es sieht so aus, als wiege das Sicherheitsdenken der Ärzte mittlerweile schwerer als das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren. Studien zeigen nämlich auch, dass lediglich zwei Prozent der Schwangeren schon früh den Wunsch nach einem Kaiserschnitt haben. Die überwiegende Mehrheit hofft auf eine ganz normale Entbindung - und ist der absolut richtigen Meinung, dass der Kaiserschnitt einer medizinischen Indikation bedarf.

 

Schwangerschaft 1Der weibliche Körper enthält alles was er braucht für eine natürliche Geburt

 

Hausgeburten sind sicherer als Krankenhausgeburten. Dieser Satz klingt in unseren Ohren wie ein Fake News. In den Niederlanden sind Hausgeburten ganz alltäglich. Ein Blick über die Grenze lohnt sich. Hier ist eine Hebamme die Fachfrau für physiologisch normal verlaufende Schwangerschaften und Geburten. Der Arzt wird nur bei Risiko-Situationen herangezogen. Das Vertrauen in die eigene Gebärfähigkeit und in Hausgeburten ist ein Grundverständnis, mit dem in den Niederlanden jedes Mädchen aufwächst. Ein Großteil der Menschen dort wird auch zu Hause geboren.

Eine leichte Geburt, das wünscht sich wohl jede Frau.
Gut zu wissen, dass der weibliche Körper genau dafür bestens vorbereitet ist.

 

Oxytocin und Endorphin – die Schlüssel für eine leichte Geburt

Oxytocin ist das Hormon, welches eine entscheidende Bedeutung für den Geburtsverlauf hat. Die Oxytocin Rezeptoren befindet sich in verschiedenen Körpergewebearten, unter anderem in den Milchdrüsen und im Gewebe der Geschlechtsorgane. Daher wird dieses Hormon insbesondere produziert beim Sex und bei der natürlichen Geburt. Wichtig ist, dass dieses geburtsregulierende Hormon nur unter der natürlichen Geburt produziert wird, wenn das Schwellgewebe der Vagina stimuliert wird. Denn die Oxytocin Rezeptoren befinden sich u. a. im Schwellgewebe der Geschlechtsorgane als auch in den Milchdrüsen. Das Wort stammt aus dem altgriechischen: ökys = schnell und tokos = Geburt, also okytokos = leicht gebärend.

Eine leichte Geburt ist somit im Körper vorprogrammiert, wenn wir ihn denn lassen. Das Hormon Oxytocin wird außerdem produziert, wenn die Gebärende entspannt ist und sich sicher und liebevoll unterstützt fühlt. Seine wichtige Rolle für den Geburtsverlauf, liegt unter anderem darin, dass es die Gebärmutterkontraktionen reguliert und damit die Wehen auslöst. Darüber hinaus regt es auch den Milchfluss an.  Weiterhin löst Oxytocin Nachwehen aus – Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur, die unmittelbar nach der Geburt der Blutstillung und später der Rückbildung (Involution) des Uterus dienen.

wassergeburt webEs beeinflusst aber auch ganz wesentlich das eigene Verhalten in Interaktionen mit dem Baby oder auch mit dem Partner. Ihm wurde deshalb auch der Name: „Liebeshormon“ und „Kuschelhormon“ zugeschrieben, da es eine innige, zärtliche Verbindung zwischen Mutter und Kind schafft, sowie zwischen den Liebespartnern. Darüber hinaus senkt Oxytocin auch den Stresshormonlevel, was mit Wohlergehen einhergeht.

Manche Frauen empfinden die Ausschüttung des Hormons und damit die Geburt auch als lustvoll. Das ist rein körperlich betrachtet ganz normal. Nur tun sich viele noch schwer mit dieser Sichtweise, sind sie doch aufgewachsen mit der Vorstellung, dass Geburt schmerzhaft sein muss.

Ein anderes wichtiges Hormon, das bei der Geburt ausgeschüttet wird ist das Endorphin: Es ist ein „endogenes Morphin“; also ein vom Körper selbst produziertes Opioid und ist 200x stärker als Morphium! Es handelt sich hierbei um Neuropeptide, welche sich an Opioidrezeptoren binden. Die Produktion der Endorphine wird z.B. auch durch ultraviolettes Licht, Küssen und sexuelle Stimulation angeregt. Endorphine sind die stärksten Schmerzmittel, die es gibt. Man gibt dem Endorphin auch den Namen „Glückshormon“, da dieses zuständig ist für das „High-Gefühl“. Dieses High-Gefühl können wir auch als eine Art Trance betrachten, die wichtig ist für einen leichten und glücklichen Geburtsverlauf. In der Trance ist die Frau in einem sehr entspannten Zustand, die Hirnwellen verlaufen langsam und wellenartig. Die intuitive, kreative und affirmative rechte Hirnhälfte ist aktiver als die linke mit seiner Ratio. Das führt bei der Gebärenden zu einem inneren Flow, mit dem sie die Geburt entspannt meistert. Bei Stress fressen die „Stresshormone“ das Endorphin auf.

 

Und warum empfinden so viele Frauen Geburt immer noch als schmerzhaft?

Ganz einfach, weil nur noch ca. 7 Prozent der Geburten natürlich – also mit einer vom Körper selbst produzierten und damit die Geburt regulierenden Oxytocin-Endorphin Ausschüttung  ablaufen. Bei 93 Prozent der Frauen wird in den Geburtsverlauf von außen eingegriffen und die natürliche, leichte Geburt erschwert. Künstliches Oxytocin, das im Krankenhaus gegeben wird, hat keinen Liebeseffekt – es löst künstliche Wehen aus, die von den meisten Frauen als sehr schmerzhaft empfunden werden, weil sie ihnen aufgezwungen werden und sich nicht von innen heraus entwickeln können.

Dies alles versetzt den Körper der Frau in eine Stresssituation, in welcher er anstelle der beiden Hormone Oxytocin1 und Endorphin2 das Adrenalin3 ausschüttet. In Gefahrensituationen bewirkt dieses Hormon, dass eine „Flucht oder Kampf Reaktion“ ausgelöst wird und nur noch die lebenswichtigen Organe mit Blut versorgt werden. Im Falle des Geburtsverlaufes hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Gebärmutterkontraktionen, der Körper zieht sich zusammen und Schmerzen entstehen. Es gelangt weniger Sauerstoff zum Kind und die Wehentätigkeit lässt nach oder kann ganz aufhören. Zusätzlich fallen jetzt oft auch die kindlichen Herztöne ab. In einer Kliniksituation wird nun schnell eingegriffen, da die Angst um das Wohlergehen des Babys an oberster Stelle liegt. Anstatt wieder eine sanfte Atmosphäre im Geburtszimmer zu schaffen, zieht sich nun die Spirale der medizinischen Interventionen enger und es entstehen noch mehr Stress- und Angstsituationen, was den Teufelskreis von Angst – Verspannung – Schmerz ins Zimmer holt

 

Die sanfte Geburt zuhause

Wenn eine werdende Mutter Vertrauen in sich und den natürlichen Geburtsprozess hat, sind zu Hause die besten Bedingungen gegeben, um das Baby auf leichte und sanfte Art zu gebären. Die Frau ist in ihrer gewohnten Umgebung und kann sich hier völlig frei nach ihren Bedürfnissen bewegen. Sie kann für sich die besten Positionen wählen, die ihr helfen, die Wehen zu beatmen und zu verarbeiten. Sie fühlt sich unterstützt und gehalten von ihrem Partner oder auch einer lieben Freundin, die ihr beim Wehen beatmen helfen oder sie auch zwischendurch einmal massieren. Das ist ein sehr entscheidender Faktor, dass sich die Frau sicher und geborgen fühlt. Sie kann letztendlich auch selbst entscheiden, ob sie im Bett, auf dem Teppich hockend oder im warmen Wasser gebärt. An dieser Stelle möchte ich auch die Rolle des Mannes während der Geburt betonen. Er hat neben der Unterstützung seiner Partnerin auch die Aufgabe, den äußeren Rahmen zu halten. So kann sich die Frau wirklich fallen lassen und kann sich ausschließlich um ihren Geburtsprozess und die Wehen kümmern. Eine gut ausgebildete Hausgeburtshebamme, die die Gebärende durch vorherige Besuche und Untersuchungen schon gut kennengelernt hat, steht ihr zur Seite. Sie macht zusätzlich Mut und  weiß, wann sie mit welcher Intervention eingreift, wenn der Geburtsprozess mal stagniert. Sie gibt dann die entscheidenden Impulse, damit die Mutter wieder entspannt und innerlich loslässt. Sie ist darauf eingestellt, dass sich der Geburtsprozess über Stunden hinzieht und ermutigt entsprechend auch die Gebärende. Nachdem das Baby geboren ist, gibt sie Mutter, Vater und Kind die Zeit, sich miteinander vertraut zu machen und diesen intimen Moment der Geburt zu genießen. Erst dann wird sie irgendwann die Nabelschnur durchtrennen, zu einem Zeitpunkt, den die Mutter bestimmt und das Kind für eine erste Untersuchung zu sich nehmen. Meine Erfahrung ist, dass die Hebamme die Mutter durch die Geburt und Vorbetreuung so gut kennt, dass die junge Mutter sich auch in der Nachsorgebetreuung sehr gut aufgehoben fühlen kann. Die Hausgeburt kann so rund um zu einer besonderen, intimen und kraftvollen Initiation werden – sowohl für die Mutter als auch natürlich für das Baby.

 

Höre dir passend dazu die Podcastfolge an

 

Natürliche und selbstbestimmte Geburt

 

Quellen:

Ank de Jonge, et al., BMJ, https://www.bmj.com/content/346/bmj.f3263, „Severe adverse maternal outcomes among low risk women with planned home versus hospital births in the Netherlands: nationwide cohort study“, 13. Juni 2013 (Schwere unerwünschte Komplikationen bei Frauen mit geringem Schwangerschaftsrisiko im Vergleich von geplanten Hausgeburten und geplanten Klinikgeburten, nationale Kohortenstudie in den Niederlanden)

J.J. Zwart, et al., migrant-friendly hospitals, https://www.mfh-eu.net/public/files/conference/mfh_poster_Joost_Zwart.pdf, „The LEMMoN study: A nationwide enquiry into the role of ethnicity in severe maternal morbidity in The Netherlands“, 01.08.2004 – 31.07.2006

Geburt per Kaiserschnitt:"Raubrittertum" im Kreißsaal, Süddeutsche Zeitung 17. Mai 2010

1 Adrenalin ist ein Neurotransmitter und in Stresssituationen ausgeschüttetes Hormon, welches eine Steigerung der Herzfrequenz, einen Anstieg des Blutdrucks, eine Erweiterung des Bronchialsystems und weitere Vorgänge im Organismus hervorruft.